
Tuberkulose, kurz TB, ist eine chronische Infektionskrankheit. Sie führt vor allem zur Entzündung und Zerstörung von Lungengewebe, kann aber auch andere Organe betreffen. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion, z.B. durch Husten.
Die Krankheit verläuft schleichend, begleitet von Husten mit blutigem Auswurf, Müdigkeit und Gewichtsverlust, weswegen sie früher auch als Schwindsucht bekannt war. Fachleute gehen davon aus, dass ohne Medikamente ein Drittel der Ansteckungen tödlich verläuft.
An keiner Krankheit starben um 1900 in der Schweiz mehr Menschen als an Tuberkulose. Sie nahm in der Schweiz und Europa epidemische Ausmasse an.
Obwohl alle gesellschaftlichen Schichten betroffen waren, traf die Krankheit vor allem die arme Bevölkerung. Ihre Abwehrkräfte waren bereits geschwächt aufgrund von schlechten Wohn- und Arbeitsbedingungen und Mangelernährung.
Behandlung, Prävention und Gesetze
Bis in die 1950er-Jahre gab es kein wirksames Medikament gegen Tuberkulose. Man versuchte deshalb, die Krankheit mit Frischluft- und Liegekuraufenthalten sowie chirurgischen Massnahmen zu behandeln. Die Schweiz, insbesondere Graubünden, wurde wegen des Höhenklimas zu einem Zentrum für Lungenkranke, mit Davos als bekanntestem Kurort. Etwas kleiner war das Angebot in Arosa.
Um die Ausbreitung der Tuberkulose einzudämmen, schufen Bund und Kantone verschiedene Gesetze. Ab 1928 beteiligte sich der Bund finanziell an Präventionsmassnahmen. Der Kanton Graubünden war schon früher aktiv: Bereits 1902 nahmen die stimmberechtigten Bündner Männer das erste kantonale «Gesetz betr. Massnahmen gegen Tuberkulose» an.
Sanatorien für Arme und Reiche
Eine Tuberkulose-Erkrankung wirkte sich unterschiedlich aus – je nach finanziellen Möglichkeiten. Die Behandlung in privat betriebenen Sanatorien war ein Privileg der Wohlhabenden. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden Volksheilstätten gebaut, um auch weniger wohlhabenden Menschen Kuraufenthalte zu ermöglichen. Die Patient:innen mussten sich einem strengen Tagesablauf und ärztlichen Anordnungen fügen. Frauen und Männer wurden strikt getrennt untergebracht. Hygienemassnahmen und moralische Vorschriften standen im Vordergrund, abweichendes Verhalten wurde als Mitschuld an der Krankheit betrachtet.
Im Gegensatz dazu standen die Privatsanatorien, wo vermögende Patient:innen mehr Freiheiten genossen und das zwanglose Leben im Vordergrund stand. Ärzte liessen ihre Kundschaft gewähren, da sie um ihre Einnahmen fürchteten. Diese Welt der Sanatorien fand Eingang in die Literatur der Zeit und wurde teilweise romantisiert. Der berühmte Roman «Der Zauberberg» von Thomas Mann spielt in Davos.
Rückgang der Tuberkulose in der Schweiz
In den 1950er-Jahren verringerte sich das Tuberkulose-Risiko dank der Verfügbarkeit von Antibiotika, Impfungen und der allgemeinen Verbesserung der Lebensumstände. Die Zahl der Patient:innen ging zurück, und viele Lungensanatorien mussten schliessen oder wurden in Hotels und Rehabilitationskliniken umgewandelt.
Tuberkulose ist bis heute nicht besiegt. Weltweit tragen 2 Milliarden Menschen das Bakterium in sich. Jährlich sterben rund 1,5 Millionen Menschen an dieser Krankheit und resistente Keime erschweren die medikamentöse Therapie zunehmend.
Die Diagnose hatte oftmals einschneidende Konsequenzen für die Betroffenen: Familien wurden getrennt, kranke Kinder in Sanatorien isoliert und Kinder, deren Eltern erkrankt waren, gar fremdplatziert und zur Adoption frei gegeben.
Erkrankten Kinder an Tuberkulose, wurden sie wie die Erwachsenen für mehrere Monate oder Jahre zur Kur geschickt, beispielsweise in das katholische Kindersanatorium Albula in Davos.
Es herrschte ein strenges Regime, die Kinder mussten stundenlang liegen. Soziale Kontakte wurden unterbunden und Schulunterricht gab es nur rudimentär. Familienbesuche in den Sanatorien waren nur sehr eingeschränkt und mit Distanz möglich.
Im Kindersanatorium Albula in Davos waren auch romanisch sprechende Kinder untergebracht. Glieci Camenisch und seinen Geschwistern war es aber verboten, in ihrer Muttersprache miteinander zu sprechen. Vermutlich, damit das Personal verstehen konnte, was die Kinder sagten.
Die lange Abwesenheit machte Glieci Camenisch und seine Geschwister zu Aussenseitern, als sie nach der Kur ins Lugnez zurückkehrten. Zu Beginn wahrte die Dorfbevölkerung Distanz, wohl aus Angst vor einer Ansteckung.
Die Tuberkulose-Fürsorgestellen waren spezialisierte Fachstellen. Sie boten Untersuchungen, Beratung und Unterstützung für erkrankte sowie «gefährdete» Personen an und überwachten sie auch. Ärzt:innen und Fürsorgerinnen führten «Durchleuchtungen», also Röntgenaufnahmen, sowie regelmässige Hausbesuche durch. Die Fürsorgerin wurde deshalb auch «Gesundheitsbotin» genannt.
Für viele Familien brachte die Krankheit ein hohes Armutsrisiko mit sich, wenn eine Arbeitskraft wegfiel oder sich hohe Kosten für lange Spital- oder Kuraufenthalte anhäuften. Verschiedene TB-Fürsorgestellen unterstützten armutsbetroffene Menschen deshalb mit Nahrungsmitteln, kostenlosen Mahlzeiten oder gar Mietzinszuschüssen.
Zur Stärkung der Abwehrkräfte verteilte die TB-Fürsorgerin aus Ems Ovomaltine und Biomalz. Die Firmen verkauften ihre Produkte an Vereine wie die TB-Fürsorge zu einem günstigeren Preis. Bedingung war, dass diese dann gratis abgegeben wurden.
Das «Durchleuchten» war eine weitverbreitete Präventionsmassnahme. Ganze Schulklassen wurden geröntgt, und auch nach einer Heilung standen regelmässig Nachkontrollen an.
TB-Fürsorgerinnen versuchten bei unterschiedlichsten Stellen finanzielle Mittel zu beschaffen. Sie richteten zahlreiche Gesuche an Gemeinden und private oder kirchliche Organisationen, um das notwendige Geld für bedürftige Menschen zusammenzutragen.
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